Inobhutnahme

Wenn das Jugendamt sich des Kindeswohls bemächtigt

Das Jugendamt ist eine Behörde, die zuständig ist für das Kindeswohl. Die Klagen gegen die „staatlichen Verwalter“ des Kindeswohls sind vielfältig und zahlreich. Werden diese Klagen zurecht oder zu Unrecht erhoben?

Eine pauschale Antwort verbietet sich von selbst. Wie so oft im Familienrecht: es kommt auf den Einzelfall an. Ist es tatsächlich ein Einzelfall oder sind es grundsätzliche Strukturen, die zu Kritik herausfordern? Am heftigsten in der Kritik stehen die Inobhutnahmen des Jugendamtes – allein in 2014 über 48 000. Es handelt sich also bei diesen radikalen Maßnahmen um keine Einzelfälle, sondern um ein stetig steigendes Potential.

Was bedeutet Inobhutnahme? Inobhutnahmen heißt, den natürlichen Eltern werden Kinder genommen und in Heimen oder bei Pflegeeltern untergebracht. Wann ist dies berechtigt, wann nicht? Muss gleich der Kindesentzug sein, oder gibt es Alternativen? Der folgende - bei aller Individualität - repräsentative Fall von ISUV-Mitgliedern veranschaulicht Strukturen, Unrecht, Wortbruch, Filz, Hilflosigkeit, Überheblichkeit, Betroffenheit.

 

 

Fallbeispiel Inobhutnahme

Was ich noch nicht ahnen konnte, was wir noch nicht ahnen konnten, aber damit begann alles: Mein Sohn wurde mit einem Notkaiserschnitt im Klinikum in Coburg „geholt“ – und er war „schlumpfblau“ als ich, der Vater, ihn im Kreissaal auf den Arm gelegt bekam. Die Hebamme sagte, dass der Kaiserschnitt in letzter Sekunde durchgeführt worden sei. Ich wusste damals noch nicht, was das bedeutet, welche Folgen das haben sollte.

 

 

In die Wiege gelegt: Hilfe vom Jugendamt gesucht

Ich kann nur sagen: Wir haben jede U-Untersuchung rechtzeitig gemacht und auch sofort reagiert, als wir von unserem Kinderarzt erfahren hatten, dass er Frühförderung benötigt. Allerdings erfuhren wir davon erst nach zwölf Monaten. Erst da wurde festgestellt: Unser Sohn ist in der Entwicklung zurück und hat einen zu kleinen Kopfumfang. Es war schwer für uns das zu akzeptieren, meine Frau wurde – nicht zuletzt wegen der Umstände der Geburt – depressiv. Zuhause blieb einiges liegen. Wir öffneten uns nicht den Eltern und den Geschwistern, sondern suchten Hilfe beim Jugendamt. Wie wir heute wissen ein Fehler.

Das Jugendamt wurde informiert mit der Bitte um Hilfe für unsere Familie. Beim ersten Gespräch, das ich mit der damaligen Mitarbeiterin Frau K. führte, wurde mir geraten mit dem Sohn die Frau zu verlassen. Dies lehnte ich ab, denn ich wollte vom Jugendamt Hilfe für die Familie nicht Hilfe zur Auflösung der Familie, schließlich hatten wir einen gemeinsamen Sohn.

 

Im Netz der Helfer: Desinformation und Widersprüche

Ich versuchte einen anderen Weg: In einem Hilfegespräch wurde ein Sozialpädagoge, Familienhelfer der Caritas in C. Herr G.M. eingeschaltet. Was er nicht machte und was in der Situation sehr wichtig gewesen wäre, er packte nicht mit im Haushalt an. Dies hätte sehr befreiend gewirkt, wie sich dann später auch herausstellte. Vielmehr wirkte er in Gesprächen auf meine Frau ein und überzeugte sie in einer Psychiatrischen Klinik ihr Krankheitsbild abklären zu lassen. Dies war insofern wichtig, weil meine Frau schon damals mit unserer Tochter schwanger war. Es gab die Überlegung abzutreiben, was meine Frau ablehnte. Gleichzeitig erhöhte das den Druck auf sie, verstärkte die Depression.

Kurze Zeit später begab sich meine Frau in eine Klinik. Unser Sohn wurde so lange von mir zu Hause betreut, da mich in der Zeit mein Arbeitgeber freigestellt hatte. Für meine Frau war das beruhigend und entlastend, wie sie mehrfach mir gegenüber betonte.

Allerdings wurde sie nach kurzer Zeit in die Kinderklinik nach C. verlegt, weil die Herztöne unserer Tochter zu schnell waren. Es wurde vereinbart, dass Sie bis zur Entbindung dort bleiben soll, da es sich um eine Risiko Schwangerschaft handelte. Meine Frau ist Typ 1 Diabetikerin.

Nach der letztlich problemlosen Geburt unserer Tochter R. wurde in einem Hilfegespräch vereinbart, dass sich meine Frau, sobald es möglich ist, wieder in eine psychiatrische Fachklinik begibt um ihr Krankheitsbild abklären zu lassen. Es wurde die Klinik in M. ausgewählt, da man dort sein kleines Kind mitnehmen kann. Sechs Wochen nach der Geburt wurde angerufen und ein Termin drei Tage später zur Aufnahme mitgeteilt. So kurzfristig war das nicht möglich, wir baten um eine Woche Aufschub, schließlich galt es für die Zeit des Krankenhausaufenthaltes einiges zu organisieren.

Seitens der Klinik wurde als Bedingung für die Aufnahme gemacht, dass mein Sohn mit aufgenommen wird, was der damalige Kindergarten und auch die Frühförderung unseres Sohnes ablehnten, weil er dort große Fortschritte machte in seiner Entwicklung. Meine Frau, die Kinder und ich als Begleitperson wurden dann fünf Wochen später in der Klinik in M. aufgenommen. Dort wurden ihr Medikamente gegeben. Sie wurde schließlich auf das verträglichste Medikament eingestellt. Allerdings wurde nicht gesagt, um welche Erkrankung es sich eventuell handeln könnte. Während des Aufenthaltes fand ein Gespräch mit den Eltern meiner Frau, meiner Frau und Frau F. – der Psychologin in der Klinik – statt.

Bei diesem Gespräch wurde von Frau F. gesagt, dass die Therapie nun erst mal so weiterlaufen würde, da Frau W. (Mitarbeiterin des Jugendamtes) die nächsten drei Wochen in Urlaub gehe. Falls sich danach etwas ändern sollte, werde Frau F. die Eltern meiner Frau informieren. Drei Tage später fand dann doch ein Gespräch mit Frau W. vom Jugendamt, Frau F., meiner Frau und mir statt, bei dem gesagt wurde, wenn sich meine Frau nicht auf die Therapie einlassen könne, müsste diese abgebrochen werden. Allerdings würde alles so weiterlaufen, man müsse abwarten, was sich ergibt. Besagtes Gespräch fand kurz vor der Entlassung meiner Frau aus der Klinik statt.

Meine Frau sagte, dass sie die Therapie auf jeden Fall weiter durchführen möchte und bat um ein erneutes Einzelgespräch mit der Psychologin. Diese teilte meiner Frau mit, dass sie sich bezüglich eines Einzelgespräches bei ihr melden würde. Da jedoch keine Rückmeldung erfolgte, fragte meine Frau mehrmals bei dem Klinikpersonal nach. Jeweils wurde gesagt, dass Frau F. am Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag keine Zeit für ein weiteres Gespräch habe, bzw. nicht anwesend sei.

Am Montagabend erfuhr ich, dass meine Frau am nächsten Tag entlassen werden soll und die Klinik in M. sie mit den Kindern nach C. ins Landratsamt fährt um dort das Abschlussgespräch zu führen. Auf mehrmaliges Nachfragen von mir teilte mir Frau W. mit, dass die Kinder am nächsten Tag, den 25.2.16, in eine Pflegefamilie kommen werden. Ich rief danach direkt bei meiner Frau an und schilderte ihr, was ich erfahren habe. Sie fragte daraufhin auch in der Klinik nach, bekam aber nur zu hören, sie soll sich keine Gedanken machen, es sei ein ganz normales Entlassungsgespräch, welches im Landratsamt C. stattfinden soll, damit der Ehemann und die Mitarbeiter des Jugendamtes nicht die Strecke nach M. fahren müssen. Auch am nächsten Morgen als sie die Sachen zusammenpackte, sagte man ihr nicht, was der eigentliche Grund für die Fahrt nach C. sei.

 

Umstände der Inobhutnahme: Großeltern müssen "draußen bleiben"

Dort angekommen gab es schon ein Gespräch in der Eingangshalle des Landratsamts. Meine Mutter und auch meine Schwiegereltern waren zu diesem Termin gekommen. Sie wurden am Vorabend von uns darüber informiert. Während des darauffolgenden Gespräches wurde uns vor unseren Eltern mitgeteilt und mehrfach bestätigt, dass unsere Kinder kurzzeitig in einer Pflegefamilie untergebracht werden sollen, so dass meine Frau ihre darauffolgende stationäre Therapie in Ruhe durchführen kann. Nach erfolgter Behandlung meiner Frau in einer Fachklinik, sollten die Kinder sofort wieder zu uns zurückkommen, das wurde uns ausdrücklich zugesichert.

Meine Schwiegereltern, beide noch sehr rüstig, boten sich an, die Kinder während der Therapie meiner Frau zu betreuen. Wir wollten nicht, dass die Kinder aus der Familie genommen werden. Dies wurde rund weg abgelehnt ohne jegliche Begründung.

An dem Abschlussgespräch der Klinik nahmen meine Frau und ich, Frau W. (Jugendamt)., Frau F. (Psychologin) und eine weitere Person aus der Klinik teil. Auch hier wurde meiner Frau nicht mitgeteilt, um was für eine Verdachtsdiagnose es sich bei ihr handelt. Frau F. sprach nur davon, dass laut der Erkrankung meiner Frau von einer akuten Kindeswohlgefährdung ausgegangen werden muss. Trotz Nachfrage wurde dies nicht begründet.

Wir wurden gedrängt, die Inobhutnahme zu unterzeichnen,
denn das würde uns eventuell vor dem Familiengericht positiv ausgelegt werden. Nachdem ich mit unserem Anwalt telefoniert hatte und dieser uns vom Unterzeichnen abgeraten hatte, unterschrieben wir das Schriftstück nicht. Am nächsten Tag ging ein Antrag an das Familiengericht, um uns die elterliche Sorge von beiden Kindern zu entziehen. Davon erfuhren wir erst später.

Auf unsere Anfrage, ob wir wenigstens den Geburtstag drei Tage später mit unserem Sohn feiern können, wurde uns seitens des Jugendamtes gesagt, dass das ja am Wochenende sei und da arbeite keiner deshalb bestehe die Möglichkeit nicht, unseren Sohn zu sehen. Ganz beiläufig wurde uns jetzt erst klar, dass wir unsere Kinder nur noch in „Begleitung“ und Aufsicht des Jugendamtes sehen konnten. Man nennt das begleiteten Umgang.

 

Unsere Bilanz

Nie haben wir erfahren, worin die Kindeswohlgefährdung liegt – bis heute nicht. Ja, es war teilweise unaufgeräumt, nicht sauber, aber dies ließe sich mit entsprechender Unterstützung lösen. Hervorheben möchte ich, nie war meine Frau oder ich aggressiv gegenüber den Kindern, sie waren auch nicht verwahrlost.

Es war ein Fehler meine Schwiegereltern nicht von Anfang an einzuschalten, ihnen von unseren Problemen zu berichten. Es war ein Fehler zu glauben, vom Jugendamt bekommt man praktische Hilfe. Die Hilfe besteht in pädagogischen Belehrungen, aber nicht in praktischer Hilfe. Unsere ganz bittere Erfahrung: Man bittet das Jugendamt um Hilfe und bekommt die Kinder weggenommen.

 

 

Pflegeeltern:"Besser" als die natürlichen Eltern?

Schnell wurde uns klar, dass wir uns jetzt den Pflegeeltern unterzuordnen hatten. Wir baten die Mitarbeiter des Jugendamtes, das Beistellbett von Romy zu den Pflegeeltern mitzunehmen, denn wir wussten weder den Namen noch die Adresse der Pflegeeltern. Daraufhin hieß es jedoch, dass die Pflegefamilie dies nicht braucht. Später erfuhren wir dann, dass unsere Tochter wohl die ersten Tage in der Kinderwagentasche neben dem Ehebett auf dem Fußboden geschlafen hat.

Immerhin zwei Wochen später fand ein erster Umgang mit unseren beiden Kindern im Landratsamt in C. statt, bei dem wir erfuhren, dass unser Sohn innerhalb von zwei Wochen von Windelgrösse 5 auf Windelgrösse 3 abgenommen hatte, kaum etwas isst, nachts sehr oft mit offenen Augen im Bett liegt und keinen Anteil am Familienleben nehmen will. Außerdem lasse er sich nicht von der Pflegemutter, Frau R. baden. Auf die Frage, warum unsere Tochter in der Kinderwagentasche schlafen müsste, hörten wir von Seiten des Jugendamtes, das Kind schläft doch bei Ihnen auch mal im Kinderwagen ein und dann ist es ja auch in der Tasche, also sei das ja nicht schlimm.

Verwundert aber hilflos mussten wir zur Kenntnis nehmen: Frau R., die noch ein zweites Pflegekind betreut, war zu keinem Zeitpunkt bereit, mit uns zu kooperieren. Immer ging und geht es ihr darum den Umgang mit uns, den leiblichen Eltern, einzuschränken und zu verweigern. An Weihnachten wurde der Umgang verweigert, weil man da angeblich in Urlaub war. Der Umgang ist mehrfach mit provokativen Ritualen begleitet: Küsschen auf den Kopf der Tochter und dann der Satz: „Mama kommt gleich.“ – daneben steht meine psychisch angeschlagene Frau, die natürliche Mutter. Das ist natürlich nicht gesundheitsfördernd. So kann man nur auftreten, wenn man sich jeglicher Unterstützung des Jugendamtes sicher ist. Bei Gesprächen gewannen wir den Eindruck, dass Frau R. eine Dauerpflege erreichen möchte. Dabei wurde deutlich, dass es Frau R. auch sehr stark ums Geld geht.

Dabei hätte Frau R. allen Grund mit uns zu kooperieren und in sich zu gehen. Weil Frau R. die Pflege unseres Sohnes nicht bewerkstelligen konnte, wurden unsere Kinder getrennt. Als Begründung wurde uns gesagt, der Pflegebedarf und die Aufmerksamkeit, die er benötigte, waren angeblich zu hoch. Wir fragen uns schon: Können Pflegeeltern die Kinder einfach abschieben, wenn sie ihnen nicht passen? Ist die Geschwistertrennung im Sinne des Kindeswohls? Können Pflegeeltern nicht einfach verpflichtet werden, gerade in pädagogischen Notsituationen mit den natürlichen Eltern zusammenzuarbeiten? Ist dieses Abschieben von nicht willfährigen Kindern im Sinne des Kindeswohls? Die natürlichen Eltern bekämen sofort das Sorgerecht entzogen – und hier? Das „schlechte“ Kind muss weg, das „brave“ Kind darf bleiben und dafür wird weiterhin kassiert.

Wir sind nicht „gegen“ Pflegeeltern, wir wollen Kooperation und die klare Zielsetzung der Rückführung unserer Kinder. Das „müssen“ Pflegeeltern tolerieren – und es gibt Pflegeeltern, die das tolerieren und entsprechend dann auch kooperieren. Unser Sohn hatte Glück, Frau B. kommt sichtlich gut mit ihm klar. Es gibt keine Probleme mit dem Umgang, sie macht auch deutlich, dass wir Mama und Papa sind. Wir wissen, wo sie wohnt, sie spricht sich ab mit uns. Wir vertrauen ihr und sind ihr dankbar, dass sie meiner Frau über eine schwere Zeit hinweggeholfen hat.

 

 

 

Im Netzwerk der sich widersprechenden Experten und Medikamente

Meine Frau begab sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder in die Klinik nach H. Dort wurde sie wieder komplett untersucht und der Arzt wollte von ihr wissen, ob sie Stimmen höre oder das Gefühl habe verfolgt zu werden. Dies verneinte meine Frau und wunderte sich über diese Fragen. Auf Nachfrage erfuhr sie dann jetzt, dass die Klinik in M. als Verdachtsdiagnose Schizophrenie angegeben hatte, wobei sich der behandelnde Arzt in der Klinik in H. nicht erklären konnte, wie die Klinik in M. auf so eine Diagnose komme. Wahrscheinlich habe man ihr Risperdal gegeben und als sie dann eine Besserung angab, ging man davon aus, dass sie diese Erkrankung hat. Nach genauer Untersuchung durch die Klinik in H. stellte sich heraus, dass diese Diagnose falsch war und ist. Entsprechend setzte man das das Medikament ab.

Dadurch ging es meiner Frau von Tag zu Tag besser, sie machte die Therapie dort und wurde auf das neue Medikament, Citalopram, eingestellt, was ihr sehr gut hilft.

Das Jugendamt versicherte uns außerdem, dass man eine Lösung findet, um sicher zu stellen, dass meine Frau ihre Kinder während der stationären Behandlung regelmäßig sehen kann. Als es mir einmal nicht möglich war, meine Frau aus der Klinik zum Treffen mit den Kindern abzuholen, hieß es nur, dann müsse sie sich eben selber darum kümmern. Kooperation und Hilfe sieht anders aus.

Zu dem Zeitpunkt der Behandlung in H. fand auch die Beurteilung der Erziehungsfähigkeit durch den Psychologischen Gutachter Dr. C. Z. in Bamberg statt, der meine Frau im Zuge seiner Beurteilung auch einmal in der Klinik in H. besuchte und mit ihr ein etwa zweistündiges Gespräch führte.

Als meine Frau entlassen wurde, hatte sie sich sichtlich gefestigt, sie war optimistisch. Auch die angespannte Situation zwischen uns, ausgelöst durch den Verlust der Kinder, die psychische Erkrankung, aber auch durch den ständigen Stress mit dem Jugendamt, die Schikanen von Frau R. wurde immer besser. Sie besucht seitdem weiterhin regelmäßig ambulant eine Psychotherapeutin und einen Psychiater, weil wir eine nachhaltige Stabilisierung wollen.

 

Vor den Schranken des Gerichts

Das Familiengericht entschied aufgrund des Gutachtens, dass die Kinder in den Pflegefamilien bleiben sollen, da man ja nicht wüsste, wie sich die Situation bei uns weiter entwickeln würde. Uns wurde die Gesundheitsvorsorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen.


Ich kritisiere: Bei dieser Verhandlung wurde nur die frühere Situation zugrunde gelegt und nicht wie sich die gesamte Situation nach der Therapie zum Positiven verändert hatte. Kurz danach wollte das Jugendamt die Umgangstermine mit unseren Kindern auf einmal monatlich für zwei Stunden begrenzen, was aber glücklicherweise durch unsere Anwälte verhindert wurde. Dennoch war das Urteil für uns nicht zufriedenstellend. Wir gingen in die Berufung.

Die Verhandlung beim OLG Bamberg fand dann Mitte März 2016 statt. Die Richter hatten unter anderem als Zeugen wieder den Gutachter Dr. C. Z. geladen, welcher aussagte und sich auf das Gutachten des vergangenen Jahres stützte. Herr Z. hatte schon sieben Monate nichts mehr mit uns zu tun. Nach erfolgter Therapie gab es kein einziges Gespräch mehr mit uns. Er hatte keinen Einblick, wie es meiner Frau, mir und uns als Paar seitdem geht.

Auch einem Schreiben des Psychiaters meiner Frau, Herrn Dr. E., der ihr attestierte, dass sie wieder vollkommen in der Lage sei sich um die Kinder zu kümmern und ebenso von ihrer Psychotherapeutin, Frau H., die meiner Frau das gleiche attestierte, schenkten die Richter leider wenig Interesse.

Allerdings, hob das Gericht hervor, dass der Umgang erweitert werden solle, damit wir die Bindung zu unseren Kindern halten und ausbauen können und dass es auch möglich wäre an den Geburtstagen unserer Kinder zu den Pflegeeltern nach Hause zu gehen, wenn sich das alles im normalen Rahmen abspielt. Zudem schlug uns ein Richter vor, das Jugendamt anzuschreiben und um eine Liste zu bitten, in der genau aufgeschlüsselt ist, welche Aufgaben uns auferlegt werden um unsere Kinder zurück zu bekommen. Diese sollten wir dann nach und nach abarbeiten.

 

Auf dem „richtigen Weg“: Rückführung der Kinder?

Ein Schreiben mit dieser Bitte reichten wir noch am gleichen Tag direkt beim Jugendamt ein. Nach einiger Zeit bekamen wir einen Anruf von Frau W. -Pflegekinder Fachdienst am Jugendamt in C., welche uns mitteilte, dass sie sich bestimmt nicht hinsetze und uns aufschreibt, was wir zu tun haben. Wir wüssten ja selber, an welchen Punkten wir arbeiten müssten; diese hatten wir jedoch mittlerweile im Griff, aber darauf wollte man nicht eingehen.

Wir haben uns nun bei einer Ehe- und Familienberatungsstelle in C. angemeldet. Diese machte uns darauf aufmerksam, dass wir ja einen Hilfeplan vom Jugendamt haben müssten, den sie gerne einmal sehen würden. Daraufhin fertigten wir wiederholt ein Schreiben mit der Bitte um Zusendung des aktuellen Hilfeplanes an und sendeten dies an das Jugendamt. Ca. 1 Woche später erhielten wir einen Anruf vom Jugendamt, in dem uns mitgeteilt wurde, dass im Moment kein aktueller Hilfeplan vorhanden sei. Der neue Hilfeplan soll im Juli erstellt werden.

Seit dem 24.05.16 finden die Umgangstermine im Abstand von zwei Wochen mit einer Praktikantin des Jugendamtes statt. Sie soll den Umgang begleiten um zu schauen, ob es Kindeswohlgefährdungen gibt und wie wir mit unseren Kindern umgehen. Der zweistündige Umgang findet bei uns zu Hause statt. Wir haben mehrfach versucht uns mit Frau W. und Frau B. zu einigen, dass der Umgang wieder wöchentlich stattfinden kann, da unsere Kinder ja noch klein sind und wir die Bindung aufrechterhalten, stabilisieren und ausbauen wollen. Dies wurde jedoch abgelehnt. Frau W. erklärte dazu telefonisch, dass nicht an eine Rückführung zu denken ist und dass es deswegen keine Umgangsintensivierung geben wird.

Auf Anraten der Eheberatungsstelle verfassten wir nochmal ein Schreiben mit der Bitte die Umgangskontakte wöchentlich durchzuführen, wozu wir jedoch noch keine Rückmeldung erhalten haben. Auch ließen wir uns eine Stellungnahme vom Jugendamt zukommen, in der bestätigt wurde, dass die häuslichen Verhältnisse gut sind und ein Umgang dort stattfinden kann. Eine, durch uns angestrebte, ambulante Eltern-Kind-Therapie in einer psychotherapeutischen Praxis wurde jedoch durch das Jugendamt abgelehnt. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass das Jugendamt in C. „gegen“ uns arbeitet und mit „Hilfe der Zeit“ Fakten schaffen, den jetzigen Zustand „zementieren“ will.

 

Was uns bleibt und was wir tun werden

Wir sind bereit – und haben das in der Vergangenheit schon bewiesen – mit den Pflegeeltern, dem Jugendamt und Beratungsstellen zu kooperieren. Wir wollen unsere Kinder zurück. Wir sind die natürlichen Eltern, wir lieben unsere Kinder. Es ist völlig unangemessen, uns die Kinder zu entziehen, sie aus dem familialen System zu nehmen, obwohl die Großeltern in der Lage sind, sie zu betreuen.

Ich halte es für bedenklich, wenn man in einer schwierigen Situation vom Jugendamt „Beratungshilfe“ möchte, aber die Hilfe nur darin besteht, die Kinder wegzunehmen und in Pflegefamilien unterzubringen, die teilweise überfordert sind, weil sie die Kinder nicht „verstehen“.


Meine Frau ist geheilt aus der Klinik entlassen worden, es besteht kein Grund uns die Kinder weiterhin vorzuenthalten. Wir werden uns nachhaltig um die Rückführung unserer Kinder bemühen.

Familie Rechtlos (Name ist der Redaktion bekannt)

Meinung

Jugendamt: Transparenz und Kommunikation wagen

In einigen wenigen Fällen kam das Jugendamt zu spät, Kinder wurden gequält, zu Tode gequält. Diese Fälle finden das breite Interesse der Öffentlichkeit. Dagegen sind Fälle, wie der von uns dargestellte weniger spektakulär, aber erheblich häufiger. Kinder werden Eltern weggenommen, Eltern, die eigentlich Hilfe beim Jugendamt suchen.

Dies geschieht oft rücksichtslos in Nacht- und Nebelaktionen, die eines Rechtsstaats unwürdig sind. Keine Erklärungen, keine Perspektiven, kein Hilfeplan, keine Rücksicht auf die familialen Strukturen, kein Check der Möglichkeiten des familialen Umfeldes. Ruckzuck verschwinden die Kinder in teuren Heimen und bei gutbezahlten Pflegeeltern, die vielfach dann auch wieder überfordert sind.

Zurück bleiben geschockte Eltern, Großeltern, Familien, die von jetzt auf Nachher keine Kinder mehr haben, denen nicht gesagt wird, wo die Kinder jetzt sind. Von ISUV-Mitgliedern wissen wir, nicht vermittelte Inobhutnahmen hinterlassen bei allen Betroffenen ein Trauma – bei Eltern und Kindern. Das Verhalten der Kinder auch in unseren Fall spricht für sich.

Wenn es ums Kindeswohl geht haben derartig autoritäre Strukturen keinen Platz. Es kann nicht sein, dass sich „das Jugendamt“ in autoritären Allmachtsstrukturen verbarrikadieren kann. In unserem Fall war man seitens des Jugendamtes der oberfränkischen Kreisstadt C. nicht bereit für Nachfragen. Zuerst wollte die zuständige Mitarbeiterin P. W. eine „Schweigepflichtentbindung“. Als diese vorlag kam folgende Mail: „Sie hatten gerade wegen Familie R. bei mir angerufen. Nach Rücksprache mit meinen Vorgesetzten ist es von hier aus nicht möglich Auskünfte zu erteilen, auch wenn eine Schweigepflichtentbindung der Familie R. vorliegt.“

Dringend erforderlich ist mehr Transparenz in das Handeln des Jugendamtes zu bringen. Der Gesetzgeber ist gefordert. „Starke“ Jugendämter sind kommunikativ, ihr Handeln ist transparent.

Diese mangelnde Kommunikationsbereitschaft, dieser Mangel an Transparenz ist es, Warum dem Jugendamt Fehler „auf Kosten“ der Kinder und der betroffenen Eltern unterlaufen. Fehler können nur vermieden werden, wenn mit allen kommuniziert, wenn es klare Absprachen gibt, wenn den Betroffenen das Handeln vermittelt wird, wenn sich das Jugendamt gegenüber den Betroffenen an Absprachen hält. Die Devise muss heißen: Kommunikation und Transparenz wagen.

 

Dabei gilt es einige Maxime zu beachten:

  • Primäres Ziel muss es sein und nachweislich bleiben, die Rückführung der Kinder - wo immer möglich – zu den natürlichen Eltern.
  • Alle familialen Alternativen müssen geprüft werden, insbesondere müssen die Großeltern miteinbezogen werden.
  • Den Eltern muss ein klarer nachvollziehbarer Hilfeplan vorgelegt werden, der überprüfbar ist.
  • Vor jeder Inobhutnahme durch das Jugendamt müssen Hilfsmaßnahmen für die natürliche Familie einschließlich der Großeltern nachgewiesen werden.
  • Jede Inobhutnahme hat rechtsstaatlichen Grundsätzen zu entsprechen.