Güterrecht - BGH - 3.12.2014 und 26.11.2014

 

Neben einem Ausgleichsanspruch der Schwiegereltern in Geld gegen das Schwiegerkind nach Scheitern der Ehe wegen einer Schenkung während intakter Ehe, kann unter Umständen auch ein Rückgabeanspruch einer geschenkten Immobilie (geschenktes Miteigentum an Hausgrundstück) bestehen.

Beschluss:
Gericht: BGH
Datum: 03.12.2014
Aktenzeichen: XII ZB 181/13
Leitparagraph: BGB §313, BGB §195, BGB §196
Quelle: Pressemitteilung BGH Nr. 180/14

 

Schenkungen von Schwiegereltern an ihr Schwiegerkind zur Bedienung eines Immobilienkredits (Miteigentum eines Einfamilienhauses von Kind und Schwiegerkind/Ehefrau und Ehemann) können ihre Geschäftsgrundlage im dauerhaften Wohnen des eigenen Kindes nur im Umfang des Tilgungsanteils haben. Mit dem Zinsanteil werden demgegenüber Kosten des laufenden Lebensunterhalts bestritten, welche grundsätzlich nicht zu einer Rückforderung berechtigen.

Zum Umfang der für den Rückgewähranspruch zu berücksichtigenden Zweckerreichung wegen der bis zum Scheitern der Ehe erfolgten Nutzung.

Beschluss:
Gericht: BGH
Datum: 26.11.2014
Aktenzeichen: XII ZB 666/13
Leitparagraph: BGB §313, BGB §516
Quelle: www.bundesgerichtshof.de

 

Kommentierung/Anmerkung zu beiden BGH-Entscheidungen:

Zuwendungen von Schwiegereltern während intakter Ehe konnten bis zur Rechtsprechungsänderung des BGH, Az. XII ZR 189/06 (FamRZ 2010, Seite 958) von diesen auch nach Scheitern der Ehe grundsätzlich nicht vom Schwiegerkind zurückfordern. Diese Schenkungen erfolgten zumeist an beide Eheleute und wurden im Zugewinnausgleich der Eheleute untereinander dadurch berücksichtigt, dass die Schenkung an das eigene Kind im Anfangsvermögen berücksichtigt wurde, beim Schwiegerkind nicht, mit der Folge, dass über den Zugewinnausgleich letztendlich die Hälfte wieder in die „Schenkerfamilie“ zurückfloss. Mit der oben zitierten Rechtsprechungsänderung wird nunmehr den Schwiegereltern ein eigener Rückforderungsanspruch gegen das Schwiegerkind gewährt, auf der anderen Seite findet im Zugewinnausgleich der Eheleute untereinander kein Ausgleich mehr statt. Der Rückforderungsanspruch wird gestützt auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, d. h. die Rechtsprechung geht von einer Geschäftsgrundlage „Fortbestand der Ehe“ aus und bemisst danach, in welcher Höhe eine Rückgewähranspruch der Schwiegereltern besteht. Hatte die Ehe 20 Jahre Bestand, ist der Zweck der Schenkung und somit die Geschäftsgrundlage erfüllt, und es besteht kein Rückgewähranspruch mehr. Bei 10-jähriger Ehe wird wohl die Hälfte des an das Schwiegerkind übertragenen Vermögens in Geld zurückzufordern sein. Diese eher vereinfachte Sichtweise wird möglicherweise bei reinen Geldschenkungen anzuwenden sein, der BGH hat in der jetzigen Entscheidung vom 3.12.2014 darauf hingewiesen, dass neben der Ehedauer unter anderem die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse von Schwiegereltern und früheren Ehegatten, der Umfang der durch die Zuwendung bedingten und beim Schwiegerkind noch vorhandenen Vermögensmehrung, aber auch die mit der Schenkung verbundenen Erwartungen des Zuwendenden hinsichtlich seiner Versorgung im Alter von Bedeutung sind. Zum Umfang und zur Höhe des Rückgewähranspruchs der Schwiegereltern unter Berücksichtigung der „Zweckerreichung“ hat der BGH in seiner Entscheidung vom 26.11.2014, Az. XII ZB 666/13 Stellung genommen, hierzu später.

Mit der Entscheidung des BGH vom 3.12.2014 musste sich dieser mit der Frage auseinandersetzen, ob auch ein Anspruch auf Rückübertragung einer geschenkten Immobilie besteht und nicht nur ein Geldanspruch. Im zugrundeliegenden Fall hatten die Schwiegereltern ihrem Kind jedwede Rückgewähransprüche abgetreten, was jederzeit möglich ist. Die Trennung der Eheleute erfolgte bereits im Jahr 2004, die Rechtskraft der Scheidung erfolgte im Jahr 2006. Weil sich die Eheleute über das Hausanwesen nicht einigen konnten, hat der Ehemann im Jahr 2009 die Teilungsversteigerung beantragt und im Jahr 2010 hat dann die Ehefrau die ihr abgetretenen Rückgewährsansprüche auf Rückübertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Hausanwesen gegen ihren Ex-Ehemann gerichtshängig gemacht. Mit der Entscheidung waren zwei wichtige Fragen zu klären:

 

  1. Verjährung Es ist höchst umstritten, wann ein Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern gegen ihr Schwiegerkind verjährt. Die eine, wohl vorzugswürdige Rechtsauffassung geht davon aus, dass Verjährungsbeginn die Rechtskraft der Scheidung des Kindes/Schwiegerkindes ist. Andere wollen diesen Verjährungsbeginn vorverlagern auf die endgültige Trennung der Eheleute bzw. auf den Zeitpunkt des endgültigen Gescheitertseins der Ehe, was wohl mit Ablauf des Trennungsjahres und der Einreichung eines Scheidungsantrages der Fall ist. Natürlich müssen die Schwiegereltern immer Kenntnis von solchen Tatsachen haben. Aus Objektivierungsgründen ist die Rechtskraft der Scheidung des Kindes/Schwiegerkindes wohl anzunehmen. Das OLG Frankfurt als Vorinstanz geht vom Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung aus, dies war 2006, somit Beginn der Verjährung mit Ablauf des Jahres 2006 und bei einer regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren war die Verjährung zum 31.12.2009 eingetreten und somit bei Geltendmachung im Jahr 2010 bereits verjährt. Dieser Rechtsauffassung ist grundsätzlich zuzustimmen, wenn der Rückforderungsanspruch ein Geldanspruch ist, der seinen Grund nicht in einer Grundstücksübertragung hat. Insoweit sei darauf hingewiesen, dass völlig unabhängig vom Inhalt der Entscheidung des BGH (dieser hatte über diese Frage nicht zu entscheiden) sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, wann der Rückgewähranspruch überhaupt entsteht (Trennung der Eheleute, Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags oder Rechtskraft der Scheidung – alle Meinungen werden in der Literatur vertreten). Wie gesagt, der BGH hat hierzu nur ausgeführt, dass die Verjährungsfrist frühestens mit der Trennung der Eheleute zu laufen begonnen hat (ohne sich festzulegen) und hat dann festgestellt, dass nach seiner Rechtsauffassung – wonach eine 10-jährige Verjährungsfrist gilt – unter keinen Umständen eine Verjährung eingetreten ist. Der BGH geht hier von einem möglichen Rückgewähranspruch durch Rückübertragung der geschenkten Immobilie aus, sieht eine sogenannte Grundstücksbezogenheit und geht von einer 10-jährigen Verjährungsfrist aus. Der BGH stellt weiterhin klar, dass eine solche 10-jährige Verjährungsfrist immer dann anzuwenden ist, wenn Ansprüche geltend gemacht werden, die sich auf die Übertragung von Immobiliarrechten beziehen, aber auch, wenn der Rückgewähranspruch ein Geldzahlungsanspruch ist wegen Unmöglichkeit einer Teilrückgabe aber seinen Grund in einem Immobiliarrecht hat. Der BGH hat sich nicht dazu geäußert, welche Verjährungsfrist bei reinen Rückgewähransprüchen von Schwiegereltern in Geld gilt, wenn dem keine vorherige Grundstücksübertragung der Schwiegereltern zugrunde lag. Hier wird wohl die 3-jährige Verjährungsfrist gelten. Ebenso wenig hat sich der BGH dazu geäußert, wann die 3-jährige Verjährungsfrist angelaufen wäre bzw. wann tatsächlich die von ihm hier angenommene 10-jährige Verjährungsfrist zu laufen begonnen hat. In diesen Schwiegerelternfällen sollte man immer darauf achten, dass die Verjährung ggf. sogar schon mit dem Gescheitertsein der Ehe zu laufen beginnt (höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vorhanden) und man daher als Schwiegereltern immer den sichersten Weg wählen sollte und rechtzeitig den Anspruch geltend machen sollte, egal ob selbst oder das eigene Kind nach entsprechender Abtretung. Nur wenn ein Rückübertragungsanspruch eines Grundstückes Gegenstand ist, hat der BGH klar zum Ausdruck gebracht, dass dann eine 10-jährige Verjährungsfrist gilt.
  2. Rückübertragung Immobilie/Miteigentumsanteil Der Wegfall der Geschäftsgrundlage durch das Scheitern der Ehe kann im Einzelfall neben einem Rückforderungsanspruch in Geld auch zu einer Rückabwicklung der Schenkung als solches führen und somit auch zu einem Rückgewähranspruch einer vorher übertragenen Miteigentumshälfte an den Schwiegersohn. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Festhalten an der Schenkung für die Schwiegereltern unzumutbar ist, was in seltenen Ausnahmefällen möglich ist. Grundsätzlich kann ein Ausgleichsanspruch nur in Geld verlangt werden. Eine Rückgewähr nicht teilbarer Gegenstände (z. B. Grundstück bzw. Miteigentumsanteil an solchem) ist möglich bei sehr kurzer Ehedauer, weil dadurch der Zweck der Schenkung (Fortbestand der Ehe) letztendlich überhaupt nicht gegriffen hat oder wenn sich die Schwiegereltern, wie im vorliegenden Fall ein Wohnungsrecht vorbehalten haben, welches durch das Scheitern der Ehe gefährdet wäre. Nur in diesen engen Grenzen kann sich ein grundsätzlicher Rückforderungsanspruch in Geld auch in einen Rückgewähranspruch des nicht teilbaren Gegenstandes wandeln. Ausdrücklich ist nochmals darauf hinzuweisen, dass der Rückgabeanspruch an einem geschenkten Miteigentumsanteil nach der Scheidung nur unter ganz engen Voraussetzungen möglich ist und grundsätzlich der Rückforderungsanspruch nur ein Geldanspruch der Schiegereltern ist.

 

Die Praxis tut sich grundsätzlich recht schwer mit der vom BGH im Jahr 2010 geänderten Rechtsprechung, es war „leichter“ als die Schenkung der Eltern/Schwiegereltern beim eigenen Kind im Anfangsvermögen als Abzugsposten berücksichtigt wurde und beim Schwiegerkind eben nicht. Vielfach wird ein Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern übersehen und verjährt sogar ggf. Auch können Ansprüche des Schwiegerkindes gegen die Schwiegereltern entstehen, wenn z. B. das Schwiegerkind in das Haus der Schwiegereltern in deren Einverständnis erhebliche Aufwendungen getätigt hat. Einzelheiten zu dieser Thematik im Merkblatt Nr. 69 des Verbandes ISUV/VDU, Verfasser: RA Simon Heinzel.

 

⇒TIPP: Wenn Rückforderungsansprüche von Schwiegereltern im Raum stehen, weil diese dem Schwiegerkind (auch zusammen mit dem eigenen Kind) Vermögen zugewandt haben, sollte man in notariellen Vereinbarungen zum Zugewinn darauf achten, dass „das Kind“ „das Schwiegerkind“ zumindest im Innenverhältnis von etwaigen Rückforderungsansprüchen der Schwiegereltern freistellt. Hat z. B. der Ehemann von seinen Schwiegereltern 10.000 € erhalten, etwa zur Abzahlung von Kreditverbindlichkeiten eines gemeinsamen Hauses mit der Ehefrau, sollten die Eheleute bei einer Gesamtauseinandersetzung in jedem Fall darauf achten, dass die Ehefrau den Ehemann von etwaigen Rückforderungsansprüchen der Eltern der Ehefrau freistellt. Das bewirkt zwar nicht, dass die Schwiegereltern nicht direkt einen Rückforderungsanspruch gegen ihr Schwiegerkind geltend macht könnten, sollte jedoch das Schwiegerkind zur Rückzahlung verurteilt werden, kann er wegen der Freistellungsvereinbarung sich dieses Geld wieder von seiner Ex-Ehefrau „zurückholen“. Vorsicht ist geboten bei notariellen Vereinbarungen, bei denen vor der Ehescheidung die Schwiegereltern in einem notariellen Vertragskonstrukt miteinbezogen werden, da wohl nach herrschender Rechtsauffassung die Einbeziehung Dritter in eine notarielle Vereinbarung der Ehegatten gemäß § 1378 Abs. 3 Satz 3 BGB zur Unwirksamkeit führt (BGH, FamRZ 2004, Seite 1353). Daher bleibt wohl nur eine ehevertragliche „Freistellungsvereinbarung“ der Eheleute untereinander um nachträglichen Rückgewähransprüchen von Schwiegereltern zu entgehen.

In der anderweitigen Entscheidung des BGH vom 26.11.2014 (Az. XII ZB 666/13) hatten die Schwiegereltern über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren während intakter Ehe ihres Schwiegerkindes diesem und ihrem eigenen Kind die monatliche Kreditbelastung für ein Einfamilienhaus, welches beiden Eheleuten zusammen gehörte, erstattet. Dies durch monatlich Zahlung auf das Girokonto des Schwiegerkindes. Nach der Rechtsprechung des BGH hat dieser die Grundsätze des Rückforderungsanspruchs von Schwiegereltern gegen ihr Schwiegerkind wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (Ehescheidung) angewandt. Die Vorinstanz hat das ebenso gesehen, jedoch trotz der Feststellung, dass die Finanzierung des Hauses auch zu einer dauerhaften Vermögensmehrung und Vermögensbildung auf Seiten des Schwiegerkindes geführt hat, darauf abgestellt, dass die Zweckerreichung im Regelfall bei einer Ehedauer von 20 Jahren eingetreten ist und hat deshalb letztendlich der Höhe nach keinen Rückforderungsanspruch gesehen. Auch hatte die Vorinstanz darauf abgestellt, dass der Zweck der Scheckung auch das Heranziehen des Enkelkindes ist, auch das sei erreicht wegen der Volljährigkeit des Enkelkindes. Diese, für die Praxis sinnvolle Sichtweise, hat der BGH abgelehnt und darauf hingewiesen, dass derartig schematische Ansätze nicht geboten sind. Der BGH hat entschieden, dass Beiträge der Schwiegereltern, die letztendlich auch zur Bestreitung laufender Kosten dienen (Mietkostenersparnis), nicht zurückgefordert werden können und hat daher den Zinsanteil in der monatlichen Darlehensrate als nicht rückforderbar eingestuft. Wie so häufig hat dann der BGH weiter ausgeführt, dass der Rückforderungsanspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage einer umfassenden Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände bedarf. Somit ist nur bei einer Unzumutbarkeit an der Festhaltung der Schenkung an das Schwiegerkind ein Rückforderungsanspruch gegeben. Zugewinnrechtliche Aspekte sind hierbei nicht zu berücksichtigen, sondern diejenigen Kriterien, die schon oben, zu Beginn der Kommentierung angesprochen sind (wirtschaftliche Verhältnisse etc.). Der entscheidende Ansatz des BGH ist dann derjenige, dass – insbesondere bei Immobilien – ohne konkrete Anhaltspunkte keine allgemeinen zeitlichen Grenzen angegeben werden können, wann der Zweck der Schenkung erreicht ist bzw. mit der die vorgestellte Nutzungsdauer abgelaufen ist. Somit erteilt der BGH gerade bei Immobilien der für die Praxis sinnvollen schematischen Betrachtungsweise einer Zweckerreichung von 20 Jahren bedauerlicherweise eine Absage. Der BGH hat es sich wieder einmal leicht gemacht, indem es den Fall an das Oberlandesgericht zurückgegeben hat und diesem die Auslegung der genannten Kriterien (Unzumutbarkeit) überlassen hat.

Die Schwiegerelternzuwendung nach der Rechtsprechung des BGH aus dem Jahr 2010 hat letztendlich mehr Fragen und Rechtsprobleme aufgeworfen als zu befürchten stand. Eine Vielzahl von Fragen sind nicht geklärt – Verjährungsbeginn, Dauer der Verjährungsfrist, Vererblichkeit und Abtretbarkeit des Rückgewähranspruches, Berücksichtigung der Schenkung im Anfangs-/Endvermögen des Kindes/Schwiegerkindes und insbesondere die Höhe des Rückgewähranspruches unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ohne schematische Annahme einer Höchstgrenze von 20 Jahren.

Es bleibt die Hoffnung, dass der BGH insbesondere hinsichtlich der Berechnung eines Rückgewähranspruches Vorgaben zu einer zeitlichen Staffelung und Begrenzung entwickelt, es ist jedoch eher anzunehmen, dass dies letztendlich den Instanzgerichten verbleibt und im Einzelfall entschieden wird und somit dem Grundgedanken einer Rechtsklarheit nicht Rechnung getragen wird (siehe hierzu auch die kritischen Kommentierungen von Kogel, FuR 2014, Seite 19 ff.~ Wever, FamRZ 2010, Seite 1047~ Haußleiter/Schulz, Kapitel 7, Rdn. 16 u. a.).