ISUV-Report 169 – Reizthema Narzissmus - Trennungsgrund Narzissmus eines Partners oder beider Partner?
Narzissmus zum Titelthema zu machen, hatten mehrere Mitglieder angeregt. Im vorherigen Report hatten wir dazu aufgerufen, uns mitzuteilen: „Haben Sie Erfahrungen mit narzisstischen Menschen gemacht? Woran haben Sie erkannt, dass sie narzisstisch sind? Hat Ihnen ein Psychologe zur Erkenntnis verholfen? “ – Wenn im Report Aufrufe stehen, Erfahrungen und Betroffenheit mitzuteilen, erreichen uns einige Statements oder Fallschilderungen. Das war diesmal anders: Wir erhielten von sieben Mitgliedern – sechs weiblich, einer männlich – jeweils einen Buchtitel, jeweils fast mit dem identischen Vermerk: „Das müssen Sie lesen, das Buch kann ich zum Thema empfehlen.“
Wir haben alle sieben Titel zumindest angelesen. Es fiel auf, dass man sich jeweils „in die Hände und ins Bewusstsein“ des jeweiligen Autors, der jeweiligen Autorin begeben muss, an sie/ihn „glauben“ muss, um sich mit den dort gebotenen – zugegebener Maßen vielfach interessanten Beobachtungen, Erklärungen, Informationen, Beispielen, Meinungen, Wertungen zu identifizieren.
„Trennung – Scheidung ein Fass ohne Boden“ lautet ein ISUV-Thema. Der Schreiber des Leitartikels merkte bei den Recherchen schnell: „Narzissmus ein Fass ohne Boden“. Im Leitartikel wird kritisch versucht dem Narzissmus einen „Boden“ einzuziehen.
Als Ergebnis wird festgehalten: Narzissmus ist ein Narrativ und assoziiert Egoismus, Persönlichkeitsstörung, ohne diese auch klar und wissenschaftlich objektiv zu benennen, ein Sammelbegriff, um Personen abzustempeln. Kernaussage: Mit einem narzisstischen Partner ist eine Beziehung auf Augenhöhe nicht möglich, es kann nur eine „toxische Beziehung“ sein.- Menschen in der Trennungssituation suchen nach Trennungsgründen, nach der „Schuld“. Das Narrativ „Narzissmus“ benennt den „Schuldigen“. - Wir rufen dazu auf, die individuelle Sichtweise jedes Menschen, insbesondere des ehe-maligen Partners/In nicht einem Plakativ zu opfern, denn dann ist einvernehmliche Trennung nicht möglich.
In der Kolumne mahnt Professor Siegfried Willutzki die Reform des Familienrechts an. Seine beiden Kernforderungen: Der Betreuungsanteil muss unter Berücksichtigung der wechselseitigen Leistungsfähigkeit die Höhe des Unterhalts entsprechend beeinflussen. Im Kindschaftsrecht muss „die verunglückte gesetzliche Regelung des Sorgerechts für außerehelich geborene Kinder“, die Art. 6 Abs. 5 des Grundgesetzes nicht gerecht wird, aufgegeben werden. Beide Elternteile haben dann nach Geburt und feststehender Vaterschaft kraft Gesetzes das gemeinsame Sorgerecht.
Die rasant steigenden Preise für Strom, Benzin, Nahrungsmittel, Mieten – bringen immer mehr Unterhaltspflichtige immer öfter an die Grenzen der Leistungsfähigkeit. Auch Unterhaltsberechtigte treffen die Preiserhöhungen auf breiter Front. Reicht der Unterhalt des Berechtigten nicht zur Existenzsicherung, kann er auf sozialrechtliche Leistungen zurückgreifen. Der Unterhaltspflichtige muss mit dem durch die Oberlandesgerichte festgesetzten Selbstbehalt klarkommen. RA Thomas Goes stellt im Artikel „Spannungsfeld Sozialrecht – Familienrecht“ (10 – 13) die Wechselwirkung zwischen Sozialrecht und Unterhaltsrecht und die jeweiligen Leistungen dar.
Gewaltfreie Kommunikation ist ein zentrales Anliegen des ISUV. Schließlich lässt sich dadurch so mancher Trennungskonflikt von vornherein vermeiden. Aber auch oder gerade in der Trennungssituation ist es wichtig die Worte gewählt und empathisch zu wählen, so dass eine einvernehmliche Scheidung möglich wird. Grundsätzlich ist aber immer wichtig sich zu fragen und sich bewusst zu sein: Was sage ich und wie wirke ich damit?- Karin Großmann im Artikel „In Verbindung bleiben mit Gewaltfreier Kommunikation“ (S. 16/7).
„Familienrecht im Koalitionsvertrag“ – ein Überblick der vielen familienrechtlichen Vorhaben der Ampel: Verantwortungsgemeinschaft, Reform des Abstammungs- und Adoptionsrecht, Reform des Sorge- und Umgangsrechts, Reform des Namensrechts, Kindergrundsicherung, „Reproduktive Selbstbestimmung“.
In der "Urteilsbank" (S. 18 - 20) kommentiert Rechtsanwalt Simon Heinzel Urteile der Oberlandesgerichte zum Umgangs-, Sorge- und Unterhaltsrecht.
Im Internteil (S. 24 - 33) sind die verschiedenen Veranstaltungen in den Kontaktstellen von April bis Juli 2022 angekündigt. Online-Veranstaltungen haben sich bei ISUV bewährt, jedoch ist es wieder möglich Live-Veranstaltungen abzuhalten. Es wird aber weiterhin Online-Veranstaltungen geben.
Rechts- und Steuertipps für Getrenntlebende und Geschiedene befinden sich auf den Seiten 34 - 36.
Im Leserforum (37-39) gehen Kontaktanwälte auf die Fragen von Mitgliedern ein. Was tun, wenn man unter den Selbstbehalt rutscht? Wie muss Krankenversicherung nach der Scheidung organisiert werden, wie wenn die Kinder studieren? Ein Mitglied macht seinen Ärger über Erfahrungen mit der Cooperativen Praxis Luft: „Mehr Gesäusel statt ernsthaftes Verfahren“.
Das Kaleidoskop in diesem Report fällt aus dem Rahmen. Es ist Krieg in Europa, wir wollten nicht einfach darüber hinweggehen. So entstand ein Text zu Krieg und Frieden. Gedanken und Assoziationen liefern Tolstoi, Kant, Hobbes, Chaplin, Clausewitz, Lennon.