ISUV-Wahlprüfstein 14 - Kinderbetreuung muss bezahlbar sein
Was kostet ein Kindertagesplatz?
Aus aktuellem Anlass versucht die Wochenzeitung Die Zeit aktuell über ein Crowdsourcing Projekt die Kosten für einen Kindertagesplatz zu ermitteln.
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Der Spiegel hat die Kosten für Kindertagesplätze bereits in 2010 ermittelt und krasse Unterschiede festgestellt: Während die durchschnittlichen Kosten für eine Kindertagesstätte in 2010 gesunken sind, verlangen z.B. Kindertagesstätten in Bremen bald 1.800 EUR pro Kind und Jahr von durchschnittlich verdienenden Eltern (~45.0000 EUR Bruttoeinkommen).
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1.800 EUR für einen Kindertagesplatz verschlingt fast das gesamte Kindergeld
Eltern, die einen Kindertagesplatz in Anspruch nehmen, machen das mit gutem Grund: Sie wollen einer geregelten Arbeit nachgehen. Eltern, die einen Kindertagesplatz in Anspruch nehmen, tragen damit doppelt durch die Geburt des Kindes und durch Steuergelder und sozialversicherungspflichtige Beiträge zum Wohlergehen der Gesellschaft bei.
Seit dem 01.08.2013 gibt es einen Rechtsanspruch auf Kindertagesplätze
Trotz mangelnden Angebotes an Kita-Plätzen, sind derzeit bundesweit kaum mehr als 50 Klagen zu verzeichnen. Weitere Klagen werden für die Zeit nach den Sommerferien erwartet. Es fehlt schlicht an ausreichend qualifiziertem Personal.
Wenn eine Kommune nicht ausreichend Kindertagesplätze zur Verfügung stellen kann, dann dürfen die Kommunen auf die vergleichsweise teure alternative Betreuung durch eine Kindertagesmutter verweisen (Oberverwaltungsgericht Münster, Aktenzeichen 12 B 793/13).
Die Münsteraner Richter befanden, Eltern könnten zwar grundsätzlich zwischen den gleich geeigneten und gleichwertigen Arten der frühkindlichen Förderung in einer Kita und bei einer Tagesmutter wählen. Dem Wunsch der Eltern müsse allerdings nicht entsprochen werden, wenn in der gewünschten Betreuungsform kein Platz mehr vorhanden sei. Ein Anspruch der Eltern auf eine Kapazitätserweiterung bestehe nicht.
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ISUV stellt fest
Kinderbetreuung ist nach wie vor teuer. Normal verdienende Eltern müssen bis zu 1.800 EUR für einen Kindertagesplatz berappen. Da das Angebot von Kindertagesmüttern in das Kindertagesplatz-Angebot mit einberechnet werden, sind die Kosten im Zweifel für die Betreuung noch höher anzusetzen. Mit der Entscheidung des des Oberverwaltungsgerichtes Münster hat das Gericht den Rechtsanspruch zu einem Papiertiger degradiert.
Anspruch JA, keine Wahlfreiheit und die Kosten müssen die Eltern tragen.
Hier gibt es erheblichen Handlungsbedarf!
ISUV meint
- Kinderbetreuung ist der wichtigste Baustein, damit beide Elternteile arbeiten können
- Für Eltern, die weniger als 1800 Euro netto verdienen, sollte Kinderbetreuung kostenlos sein.
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Übersicht der ISUV Wahlprüfsteine
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Das meinen die Bundesparteien
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CDU/CSU
Bund und Länder unterstützen den Ausbau der Betreuungseinrichtungen bereits mit 4,5 Milliarden Euro. Auch laufende Betriebskosten werden teilweise aus Bundesmitteln finanziert. Bayern hat zudem das beitragsfreie dritte Kindergartenjahr beschlossen. Das ist jedoch nur aufgrund der soliden Haushaltspolitik möglich. Darüber hinaus gibt es für Familien vielfältige finanzielle Unterstützung in Form von Elterngeld, Landeserziehungsgeld z. B. in Bayern, Thüringen oder Sachsen, Betreuungsgeld, Kindergeld oder Kinderfreibetrag sowie Vorteile im Bereich Sozialversicherung und Steuerrecht.
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FDP
Grundsätzlich begrüßt die FDP, dass frühkindliche Bildung in der Kita keine Frage des Geldbeutels sein soll. Die Frage der Gebührenbefreiung für Kita-Kinder fällt allerdings in den Zuständigkeitsbereich der Länder. Der Bund kann eine solche Gebührenfreiheit nicht verordnen.
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Die Piraten
Bildung beginnt mit der Geburt. Öffentlich finanzierte Betreuungs- und Bildungsangebote sind den Kindern gebührenfrei und sozialraumnah zur Verfügung zu stellen - auch über kommunale Grenzen hinweg.
Um den Bedarfsveränderungen der Eltern gerecht zu werden, müssen Betreuungs- und Bildungsangeboten zeitlich flexibel - auch außerhalb der bislang üblichen Öffnungszeiten - angeboten werden. Schliessungszeiten von mehreren Wochen pro Jahr sind von Eltern nicht zu überbrücken und dürfen nicht vorkommen.
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Die Linke
Die Linke sieht in der Ermöglichung der Berufstätigkeit beider Elternteile einen zentralen Ansatzpunkt, um Armut von Familien während des Erwerbslebens und im Alter zu verhindern. Damit beide Eltern berufstätig sein können, muss aus Sicht der Partei DIE LINKE vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden. Insbesondere Alleinerziehende benötigen mehr Unterstützung. Deswegen spricht sich DIE LINKE für den Ausbau der Kindetagesbetreuung sowie die familienfreundliche Gestaltung der Arbeitswelt aus. Eltern soll ein Rechtsanspruch auf Rückkehr auf Vollzeit und ein verbesserter Kündigungsschutz eingeräumt werden sowie die Möglichkeit, die Elternzeit flexibel aufzuteilen.
DIE LINKE fordert eine gebührenfreie und qualitativ hochwertige Kinderganztagesbetreuung. Bedarfsgerecht bedeutet, dass neben einem ausreichenden zeitlichen Umfang auch Angebote außerhalb der regulären Öffnungszeiten bereitgestellt werden. Betreuungsangebote sind grundsätzlich altersgerecht und inklusiv auszugestalten. Qualitativ hochwertig bedeutet: Wir brauchen gut ausgebildete Erzieher/innen, kleine Gruppen sowie einheitliche Qualitätsmindeststandards, um qualitativ hochwertige Kinderbetreuung flächendeckend gewähren zu können und den Ansprüchen der frühkindlichen Bildung gerecht zu werden. In solchen Einrichtungen kann auch Trennungskindern besondere Unterstützung gegeben werden.
DIE LINKE setzt sich für mediative Verfahren ein. Besonders in Sorgerechtstreitigkeiten sollte auf diese Methode zurückgegriffen werden, um unnötigen Stress und Belastungen für Kinder und Eltern zu vermeiden.
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Grüne
Wir GRÜNEN stehen für ein sozial gerechtes Bildungssystem, das alle Kinder und Jugendlichen - unabhängig von der Herkunft und vom Einkommen der Eltern - optimal fördert, ermutigt und stärkt. Bildung gehört zu jedem Lebensalter, der Grundstein wird aber in der frühen Kindheit gelegt. Daher sollte auch frühkindliche Bildung nicht durch Gebühren (teil)finanziert werden. Höchste Priorität hat für uns der qualitative und quantitative Ausbau und die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf ganztägige Betreuung. Es muss sichergestellt sein, das Kita-Gebühren sozial gestaffelt und so gestaltet sind, dass Eltern nicht aufgrund der Gebühren ihre Kinder nicht in einer Kita anmelden. Die Gebührenfreiheit ist für uns ein langfristig anzustrebendes Ziel.
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SPD
Die Bundespartei SPD hat es leider nicht geschafft Stellung zu den ISUV Wahlprüfsteinen zu beziehen. Doris Barnett – SPD-Kandistation des Wahlkreises Ludwigshafen – hat sich jedoch die Zeit genommen und die Wahlprüfsteine zur “Wiedereingleiderung uin das Berufsleben” sowie zur “Kinderbetreuung muss bezahlbar sein” beantwortet:
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Die Bekämpfung von Familien-, Kinder- und Jugendarmut ist eine wichtige Aufgabe aller staatlichen Ebenen. Wichtig ist dabei eine gute Infrastruktur für Familien – z.B. qualitativ hochwertige Angebote an Kindertageseinrichtungen, Schulen und Horten –, um die Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. Eine gute und zeitlich flexible Infrastruktur leistet einen erheblichen Beitrag dazu, die Berufstätigkeit von Eltern zu ermöglichen und Familienarmut vorzubeugen.
Wir setzen uns dafür ein, das Angebot an Kindertageseinrichtungen bedarfsgerecht auszubauen, die Sicherung und Weiterentwicklung von Qualität sowie die schrittweise Befreiung von Kitagebühren zu fördern. Der Rechtsanspruch auf Förderung in einer Kita oder in Kindertagespflege muss umfassend eingelöst werden, damit nicht länger der Zufall des Wohnorts über Bildungschancen der Kinder entscheidet.
Eine einkommensabhängige Staffelung der Kita-Gebühren oder gar eine Gebührenfreiheit ermöglicht das Kinder- und Jugendhilferecht bereits heute nach § 90 SGB VIII. Hiervon machen insbesondere SPD-geführte Länder und Kommunen bereits Gebrauch.