Echte Kindergrundsicherung erreicht Kinder: Geldtransfer – Bildungsleistungen – Zeit für Kinder
„Wir wollen mit der Kindergrundsicherung bessere Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen und konzentrieren uns auf die, die am meisten Unterstützung brauchen“, kündigt der Koalitionsvertrag an. Familienministerin Lisa Paus spricht von einem Paradigmenwechsel, der jetzt auf den Weg gebracht werden soll.
Alle Sozialverbände und die Familienministerin sind momentan auf das Thema Kindergrundsicherung fokussiert. Das hat den Hintergrund, dass am 15. März das Bundeskabinett unter anderem auch über den finanziellen Rahmen der Kindergrundsicherung entscheiden wird. Geht es nach den Plänen von Familienministerin Lisa Paus, stehen Mehrausgaben von 12,5 Milliarden im Raum. Jedem Kind soll ein „Einkommen“ zustehen, dessen Höhe noch nicht feststeht. Die Rede ist von 500 bis 600 EURO.
„Wir halten die Idee den Eltern beziehungsweise dem alleinerziehenden Elternteil einen hohen Betrag für jedes Kind zu überweisen für keine gute Idee. Wir plädieren für eine ausgewogene Kindergrundsicherung, die aus drei Bereichen besteht: Geldtransfer, Bildungsleistungen und einem geförderten Zeitbudget für die Eltern, für Mütter und Väter“, hebt die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich hervor.
Digitalisierung der Leistungen
Der Verband begrüßt es, wenn durch die Kindergrundsicherung die Vielzahl von familienpolitischen Leistungen zusammengefasst werden. So werden dann auch die zentralen Leistungen wie Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag gebündelt. Eine Behörde soll dafür zuständig sein. Am wichtigsten aber ist die hoffentlich vereinfachte Zugänglichkeit zu den Leistungen. Von einer App ist die Rede, mit der Leistungen abgerufen werden können. „Digitalisierung und Entbürokratisierung von Leistungen begrüßen wir sehr, denn wir wissen von Menschen in Lebenskrisen, die über den Formularen sitzen, damit nicht klarkommen und schließlich auf die Leistung verzichten“, hat Ulbrich festgestellt. Zu bedenken ist allerdings, nicht alle Eltern sind App-affin. Wie üblich ist bei jeder Form von Digitalisierung Datenschutz und Missbrauch von Leistungen weiterhin ein Thema. Die Bedenken dazu sind nicht ausgeräumt.
Kindergrundsicherung als reine Geldleistung – konzeptionslos, ungerecht
Kindergrundsicherung soll Existenzsicherung von Kindern sein und nicht zusätzliches Einkommen der Eltern. Die zentrale Frage ist, erreicht das Geld die Kinder, wird es für Bedürfnisse der Kinder verwendet oder dient es der Aufbesserung des Haushaltseinkommens. „Eltern sollen in den Arbeitsmarkt integriert werden, so die Kindersicherung selbst leisten. Eltern mit Geld abfinden, ruhigstellen und als Wähler verpflichten, das ist durchsichtig, sehr teuer und konzeptionslos. Familien der Mittelschicht, die ihre Kinder in Eigenverantwortung erziehen und finanzieren, werden nochmals belastet. Das ist ungerecht“, kritisiert ISUV-Pressesprecher Josef Linsler. Der Verband verweist darauf, dass gerade das Kindergeld, der Unterhalt und Unterhaltsvorschuss ganz massiv angehoben wurden. „Geldtransfers sind zwar richtig, aber sie müssen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen zu Leistungen für Bildung und Zeit für Betreuung. Alle Leistungen müssen hinterfragt werden, ob sie die Kinder erreichen“, fordert Ulbrich.
Bildungsleistungen für Kinder und Eltern
Nach Auffassung von ISUV sollte auf Bildungsleistungen der Schwerpunkt liegen. Jedem Kind einen Schulabschluss sichern, so dass es eine erfolgreiche Ausbildung erreichen und auf eigenen Beinen stehen kann. Alternativ fordert der Verband einen quantitativen und qualitativen Ausbau der Betreuung von der KITA bis zur Hausaufgabenbetreuung, Sachleistungen für arme Kinder - von gesundem Essen, Schulbedarf, soziale Teilhabe in Vereinen und Freizeiteinrichtungen bis hin zu Nachhilfe. „Das Ziel ist, jedem Kind ein Abschluss, der es ihm ermöglicht entsprechend seiner Begabung berufstätig zu sein. Das ist das Konzept einer zielgerichteten echten Kindergrundsicherung. In diesem Bereich gilt es zu Klotzen und nicht zu Kleckern“, hebt Ulbrich hervor.
Parallel muss die verpflichtende Berufstätigkeit von Müttern und Vätern gefördert und nachhaltig eingefordert werden. Hierfür gibt es viele flankierende Maßnahmen: Crashkurse für den Einstieg ins Berufsleben, Fortbildung, flexible Arbeitszeiten, Möglichkeiten für Home-Office. „Diese direkte parallele Förderung von Eltern und Kindern, Fordern und Fördern, das ist Sozialstaat, jeden Monat 600 EURO den Eltern, einem Elternteil überweisen, das ist Wohlfahrtsstaat - und den sieht das Grundgesetz nicht vor“, kritisiert Linsler.
Zeit und Möglichkeit für Betreuung
Der wichtigste Part echter Kindergrundsicherung ist die Betreuung durch die Eltern. Dadurch entsteht die prägende Stabilität und Sicherheit, die entscheidend für die Bildung der Persönlichkeit ist. Dafür brauchen Eltern Zeit und überhaupt die Möglichkeit, betreuen zu können. Was Zeitleistungen für beide Eltern anbelangt, bietet die Familienministerin nichts an. Ist die Kindergrundsicherung etwa als eine Förderung von Alleinerziehen gedacht?
Nach Trennung und Scheidung ist eine notwendige die Berufstätigkeit fördernde Struktur, wenn sich Eltern die Betreuung der Kinder teilen. „Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Eltern unterstützen, damit sie getrennt, aber gemeinsam erziehen. Gefördert wird gegenwärtig Alleinerziehen. Das ist nicht zielführend, denn mit Alleinerziehen kommen Betroffene nur ausnahmsweise aus der Armut. Dies zeigen Studien“, stellt Ulbrich fest. Danach wachsen in Familien mit einem Elternteil viele Kinder in dauerhaften oder wiederkehrenden Armutslagen auf, wenn die Mutter nicht arbeitet. Bei stabiler Teilzeitbeschäftigung der Mutter sinkt der Anteil auf 20 Prozent. Im Rahmen der Kindergrundsicherung besteht Handlungsbedarf. „Die Maxime muss lauten: Trennungseltern fördern, nicht nur Alleinerziehen. Elternarmut lässt sich vermeiden und somit auch Kinderarmut, wenn Beide betreuen und Beide bezahlen“, stellt Linsler fest und fügt hinzu: „Die Ministerin muss nacharbeiten.“
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