Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Tobias Lahl: Steuern steuern bei Trennung und Scheidung - Erst zum Steuerberater - dann zum Anwalt?
Das Steuerrecht ist kompliziert und hält bei Trennung und Scheidung einige Überraschungen bereit. Das wird von Betroffenen oft zu wenig berücksichtigt. "Die Forderungen an den wirtschaftlich stärkeren Partner basieren meist auf dem Einkommen, das in der Ehe erzielt wurde. Tatsche ist in der Regel, dass die Ehe-maligen spätestens nach der Scheidung weniger Einkommen zur Verfügung haben und gleichzeitig zwei Haushalte finanziert werden müssen.", stellt der ISUV-Bundesvorsitzende Josef Linsler fest. Er riet Betroffenen zuerst gemeinsam zum Steuerberater und sich entsprechend ausrechnen zu lassen, was nach der Trennung bzw. der Scheidung denn dann noch "wirklich für den Konsum zur Verfügung steht, mit dieser Grundlage kann frau/mann dann zum Anwalt gehen". Das könne im Vorfeld von Trennung und Scheidung Vertrauen erhalten und den Realitätssinn schärfen, für das, was tatsächlich gefordert werden kann.
Ein besonderes steuerrechtliches Problem ist insbesondere das Wegfallen des Splittingtarifs. Wie und unter welchen Umständen können dem Staat die Scheidungskosten in Rechnung gestellt werden. Kann der Unterhalt geltend gemacht werden? „Wenn man sich einig ist, kann man im Steuerrecht viel erreichen.“, stellte Tobias Lahl fest.
Zu beachten ist: Im Trennungsjahr gilt noch der Splittingtarif. Ein „Versöhnungsversuch“ kann das Wegfallen des Splittingtarifs aufschieben, Zusammenveranlagung in dem Jahr, in dem der „Versöhnungsversuch“ stattfand, ist möglich.
Um das Wegfallen des Splittingtarifs abzufedern, kann man sich einen Freibetrag eintragen lassen.
Beachte bei Zusammenveranlagung, die Eheleute bekommen den gleichen Steuerbescheid sind aber weiterhin auch Gesamtschuldner gegenüber dem Finanzamt. Grundsätzlich gilt: Steuererstattungen stehen dem zu, der sie geleistet hat. Bei getrennter Veranlagung erhält jeder auch "seine" spezifische Steuererklärung.
Kosten des Scheidungsverfahrens sind außergewöhnliche Belastungen, allerdings müssen sie einen bestimmten Betrag von etwa 2000 EURO überschreiten. Nicht als außergewöhnliche Belastungen gelten z.B. Aufwendungen für den Hausrat, Notar- und Grundbuchgebühren zum Umschreiben von Immobilien.
Unterhalt kann von der Steuer abgesetzt werden. Über die „Anlage U“ können bis zu 13 805 EURO steuerlich geltend gemacht werden. Allerdings müssen da beide Partner übereinstimmen, sprich die Anlage U unterschreiben. Unterhalt kann auch unter der Rubrik "außergewöhnliche Belastungen" bis zu einem Betrag von 8004 EURO geltend gemacht werden. Voraussetzung ist aber, dass die Unterhaltszahlungen an einen „bedürftigen“ Expartner gehen. Vorteil der außergewöhnlichen Belastungen: Der Expartner muss nicht zustimmen und der Berechtigte muss den Unterhalt nicht versteuern.
Auch der Versorgungsausgleich kann steuerlich relevant werden, wenn die beiden Ehe-maligen eine Regelung vereinbaren. Werden verminderte Ansprüche vom Verpflichteten ausgeglichen, so kann der sie als Sonderausgaben geltend machen.
Tobias Lahl vermittelte die Botschaft: Wenn sich die Ehe-maligen einig sind, lassen sich steuerrechtlich sinnvolle Lösungen finden, die beiden nutzen: "Einigkeit spart Geld und Nerven." Zu beachten gilt immer laut Lahl: "Bevor man einen Vertrag oder eine Vereinbarung unterschreibt, sollte man die steuerrechtliche Seite von einem Steuerberater prüfen lassen."