Kein Unterhalt bei Ehebruch? – Wie immer im Familienrecht, es kommt auf den Einzelfall an
Das Verschuldensprinzip ist mit der Reform des Scheidungsrechts abgeschafft worden. Gerichte urteilen nicht mehr danach, wer am Scheitern einer Ehe Schuld hat. Die Schuldfrage spielt auch keine Rolle mehr in Bezug auf Unterhalt, Umgang oder Aufteilung des Vermögens und des Hausrates.
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Dennoch kann ein Partner seinen Anspruch auf Trennungsunterhalt verlieren, wenn er sich so ehefeindlich und verwerflich verhält, dass die Zahlung für den anderen Partner unerträglich wäre. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Ehefrau die langen berufsbedingten Abwesenheiten ihres als Fernfahrer tätigen Mannes ausnutzt, um ein intimes Verhältnis mit einem langjährigen gemeinsamen Freund zu beginnen. In dem vom Oberlandesgericht Hamm entschiedenen Fall hatte das Ehepaar den Freund zuvor wegen einer finanziellen Notlage bei sich aufgenommen.
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Das seit 1980 verheiratete, inzwischen geschiedene Paar stritt sich um den Trennungsunterhalt. Seit Sommer 2008 hatte die Frau ein Verhältnis mit dem Freund der Familie. Darin sah das Gericht ein schweres, nur ihr vorwerfbares Fehlverhalten. Dies hielt das Gericht für derart gewichtig, dass es der Frau jeglichen Anspruch auf Unterhalt absprach.
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Das OLG Hamm betonte auch, dass nicht jedes Verhältnis den Verlust des Unterhaltsanspruches begründe. Es komme stets auf die Gesamtbetrachtung, auf die Umstände des Einzelfalles an. In diesem Fall habe die Frau die Grundsätze der ehelichen Lebensgemeinschaft und das Vertrauen in besonders schwerwiegender Weise verletzt. Die Aufnahme und die geheime Fortsetzung der Beziehung zu dem gemeinsamen Freund seien besonders gravierend. Erschwerend komme noch hinzu, dass die Frau die Beziehung nach Aufdeckung des Verhältnisses offen weiter geführt habe.
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Das Gericht stellte klar: Ein Ehegatte könne sich nicht einerseits in eklatant rücksichtsloser, bloßstellender und verletzender Weise von der bisher gelebten Ehe distanzieren und dann andererseits auf Trennungsunterhalt hoffen.
In diesem Fall konnte der Nachweis groben Fehlverhaltens geführt werden, aber in der Regel ist dies nur selten so klar nachzuweisen.
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Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. Juli 2011 (AZ: 13 UF 3/11)