Immer weniger Menschen trauen sich – gibt es Alternativen zur Ehe oder Ehelosigkeit? – „Ehe-individuell“

Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) begrüßt, dass in einigen Parteien über alternative Lebensformen zur Ehe nachgedacht wird. Hintergrund ist, dass immer weniger geheiratet wird, dagegen steigt die Anzahl der nichtehelichen Partnerschaften mit Kindern ständig an. In diesen Partnerschaften besteht vielfach das Bedürfnis nach mehr rechtlicher Sicherheit, insbesondere im Interesse der Kinder. Vorbildlich ist Frankreich, das einen „zivilen Solidaritätspakt“ (Pacs) 1999 einführte, der Rechte und Pflichten der Partner festlegt, aber großen individuellen Spielraum zur Gestaltung lässt. In Frankreich ist der Pacs ein Erfolgsmodell. „Es geht darum, das Familienrecht an die Bedürfnisse einer extrem individuell ausgerichteten Gesellschaft anzupassen. Es geht ganz praktisch darum, Lebensformen als gleichberechtigt anzuerkennen, die die gleichen Leistungen erbringen wie Ehepaare. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass der Pacs auch in Deutschland von vielen nichtehelichen Paaren abgeschlossen werden würde, wenn es nur die Möglichkeit gäbe.“, stellt der ISUV-Vorsitzende Josef Linsler fest. ISUV fordert, dass ein ähnliches Rechtsinstitut geschaffen und der Pacs europaweit als „Ehe-individuell“ anerkannt wird.

Der Pakt wird geschlossen um „das gemeinsame Leben zu organisieren“. Er sichert den Pacsern wie Eheleuten gemeinsame steuerliche Veranlagung, vermögens- und erbrechtliche Regelungen sowie weitgehend sozialrechtliche Gleichstellung zu. Ein wichtiger Unterschied zur Ehe ist allerdings der, dass durch den Pacs keine Unterhaltsansprüche begründet werden. „Menschen wollen frei leben, sich möglichst wenig vom Staat ins Privatleben reinreden lassen. Wenn der Pakt gekündigt wird, wollen die Partner ein kostspieliges familienrechtliches Gezerre und Gezeter vorm Familiengericht vermeiden, daher wird auch immer weniger geheiratet. Das Scheidungsrecht hat sich einfach nach 40 Jahren ausgereizt. Es wirkt auf Menschen, die rational an eine Partnerschaft herangehen, abschreckend.“, stellt Linsler fest, wenn er den „Output“ der Reform des Scheidungsrechts in vierzig Jahren und damit die vierzigjährige Geschichte des ISUV Revue passieren lässt.

Es geht auch anders. Segolene Royale und Präsident Franzios Hollande machten es vor und schlossen einen Pacs. Nicht zuletzt wegen dieser Vorbilder wird der Pacs in Frankreich inzwischen mehrheitlich praktiziert. So kamen 2008 mehr „Pacs-Kinder“ als eheliche Kinder zur Welt. In der Schweiz gibt es eine Gesetzesinitiative für die Einführung des Pacs. Auch in Österreich wollen die Grünen einen „Zivilpakt“ nach dem Vorbild des französischen Pacs einführen. „Was in Frankreich möglich und gefragt ist, muss auch in Deutschland möglich sein.“, meint Linsler.

Überall machen Konservative und Kirchen gegen Pacs oder die Ehe light, wie sie es abschätzig nennen, mobil, weil sie sich Ehe nur „traditionell“ vorstellen können. Konservative Juristen bemühen das Grundgesetz, Artikel 6: „Ehe und Familien stehen unter dem besonderen Schutz des Staates.“ Ehe ist für sie natürlich der Bund fürs Leben, das Bündnis zwischen Mann und Frau. „Das mag zwar konservativer Ideologie entsprechen, jedoch es ist dem Gesetzgeber vorbehalten, wie er Ehe definiert und legitimiert.“ (Linsler)

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