Erhöhung der Selbstbehaltsätze: Was sollten Unterhaltspflichtige beachten?
Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) begrüßt die Erhöhung der Selbstbehaltssätze für Unterhaltspflichtige gemäß „Düsseldorfer Tabelle“ seit 01.01.2015, weil damit der enorme Anstieg der Miet- und Energiekosten berücksichtigt wird.
Seitdem gelten folgende erhöhte Selbstbehalt-Sätze: notwendiger Selbstbehalt, der Unterhaltspflichtige ist nicht erwerbstätig: 880/380* €, notweniger Selbstbehalt"", der Unterhaltspflichtige ist erwerbstätig: 1080/380*, „billiger“ Selbstbehalt, gegenüber Ehegatten: 1200/430* €, angemessener Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern: 1300/480* € , Sockel-Selbstbehalt gegenüber Eltern und Enkeln: 1800/480* €, Familiensockel-Selbstbehalt bei Elternunterhalt: 3240/860 €.
Nach Erfahrungen von ISUV wissen und beachten entsprechend nicht wenige Betroffene: Der Selbstbehalt betrifft nicht nur Trennungskinder, sondern auch Ex-Partner und die Eltern eines Unterhaltspflichtigen, wenn etwa deren Pflegeheimkosten die Rente übersteigen, dann müssen die Kinder einspringen: Bei den Unterhaltszahler/innen, die für die eigenen Eltern Unterhalt zahlen, hat sich der Selbstbehalt zum Jahreswechsel von 1600 Euro auf 1800 Euro im Monat erheblich.
Manche Betroffene kürzen ohne Ankündigung den Unterhalt um den Betrag, um den sich der Selbstbehalt erhöht hat. Dazu stellt der rechtspolitische Sprecher des ISUV, Rechtsanwalt Ralph Gurk fest: „Eine eigenmächtige Kürzung der Unterhaltszahlung kann in den Fällen problematisch sein, in denen der Unterhalt gerichtlich oder durch Jugendamts- / Notarssurkunde tituliert wurde. Hier droht unter Umständen eine Zwangsvollstreckung“.
Gurk weist darauf hin, dass Betroffene rechtlich einwandfrei handeln, wenn sie folgende Schritte einhalten:
- Bei gerichtlich oder durch Jugendamts- /Notarsurkunde titulierten Unterhaltsansprüchen sollten der Unterhaltsberechtigte im ersten Schritt schriftlich aufgefordert werden, auf die Rechte aus dem Titel in Höhe des Kürzungsbetrages zu verzichten. Hierfür sollte eine Frist gesetzt werden.
- Wird der Verzicht innerhalb der gesetzten Frist erklärt, kann die Unterhaltszahlung entsprechend gekürzt werden.
- Erfolgt innerhalb der Frist kein Verzicht, ist ein Abänderungsantrag zum Familiengericht zu stellen. Für dieses Verfahren herrscht Anwaltszwang.
Natürlich kann der oder die „normale“ Unterhaltspflichtige mit einem Selbstbehalt von 1080 EURO und einer darin enthaltenen Wohnungskostenpauschale in München, Stuttgart oder Hamburg keine Wohnung anmieten, geschweige denn eine Wohnung mieten, in der Umgang mit Kindern stattfinden kann. Gurk verweist darauf, dass „deswegen bei Alimentenzahlern eine Erhöhung des Selbstbehalts in Betracht kommen kann, wenn er nachweist, dass er für den im Selbstbehalt vorgesehenen Mietsatz keine Wohnung finden kann.“
Trotz der Erhöhung der Selbstbehalte erinnert das ISUV-Vorstandsmitglied Gurk daran, dass „die Gerichte nur unter sehr engen Voraussetzungen den Mindestunterhalt eines minderjährigen Kindes unterschreiten können. Deswegen droht weiterhin vielen gegenüber minderjährigen Kindern unterhaltspflichtigen Erwachsenen die Gefahr, bei Erfüllung der Unterhaltspflichten unter ihr eigenes Existenzminimum zu rutschen. Diese Entwicklung kann sich dadurch aufhalten lassen, dass auch auf der Seite der Unterhaltspflichtigen konkrete und am Einzelfall orientierte Selbstbehalte zugelassen werden.“
Gurk schlägt deswegen vor: „Als Grundlage für die konkrete individuelle Ermittlung des jeweiligen Selbstbehaltes sollten die Voraussetzungen herangezogen werden, die die Gerichte für die Gewährung der Verfahrens- und Prozesskostenhilfe anwenden. Entsprechend ermittelt sich der individuelle Selbstbehalt aus den Kosten für Unterkunft und Heizung, den Aufwendungen für die üblichen Versicherungen, wie Kfz-, Hausrat-, Unfall- und Haftpflichtversicherung sowie den besonderen Belastungen im Einzelfall. Auch die Kosten des Umgangs, die die Höhe des anteiligen Kindergeldes nachweislich übersteigen, sind im Selbstbehalt individuell zu berücksichtigen.“
* Die Beträge hinter dem Schrägstrich geben die Höhe der Mietkosten (Warmmiete) an, die in den zuvor angegebenen Beträgen enthalten sind.
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