BGH, Beschluss vom 21.3.2012 – Versorgungsausgleich, Verwirkung
a) Verschweigt die Ehefrau ihrem Ehemann, dass ein während der Ehe geborenes Kind möglicherweise von einem anderen Mann abstammt, kann dies zu einem vollständigen oder teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs führen.
b) Beruft sich im Versorgungsausgleichsverfahren ein Elternteil auf die Nichtabstammung des Kindes vom rechtlichen Vater, so ist zu prüfen, ob eine Ausnahme von der Rechtsausübungssperre des § 1599 Abs. 1 BGB zuzulassen ist (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 25. Juni 2008 XII ZB 163/06 - FamRZ 2008, 1836).
c) Die fehlende Abstammung vom Ehemann kann nicht nur angenommen werden, wenn die anderweitige leibliche Vaterschaft unstreitig ist, sondern auch dann, wenn der Ausschluss der leiblichen Vaterschaft des Ehemannes in zulässiger Weise festgestellt worden ist (im Anschluss an Senatsurteil vom 15. Februar 2012 - XII ZR 137/09).
Urteil
Gericht : BGH Datum : 21.03.2012 Aktenzeichen : XII ZB 147/10 Leitparagraph : BGB §1587 Quelle : www.bundesgerichtshof.de Kommentiert von : RA Simon Heinzel
Inhalt:
Nach der Gesetzeslage besteht ein Anspruch auf Durchführung des Vorsorgungsausgleichs nicht, wenn der Berechtigte den nach seinen Lebensverhältnissen angemessenen Unterhalt aus seinen Einkünften und seinem Vermögen bestreiten kann und die Gewährung des Versorgungsausgleichs für den Verpflichteten bei Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse eine unbillige Härte bedeuten würde. Umstände, die zum Scheitern der Ehe geführt haben, dürfen für sich alleine nicht berücksichtigt werden. Es muss sich um einen Ausnahmefall handeln.
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Wie bei dem Verwirkungsgrund beim Unterhalt (siehe oben Ziffer 1.) geht der BGH auch bei der Billigkeitsabwägung zum Versorgungsausgleich davon aus, dass wenn die Ehefrau dem Ehemann mit bedingtem Vorsatz verschweigt, dass ein Kind aus der Ehe möglicherweise von einem Dritten stammt, und festgestellt wird, dass der Ehemann nicht der Vater ist, darin ein derart schwerwiegendes Fehlverhalten zu erblicken ist, mit der Folge, dass auch Versorgungsausgleichsansprüche auszuschließen sind. Insoweit gilt jedoch zu bedenken, dass die erworbenen Rentenanwartschaft vor der Geburt des „Kuckuckskindes“ nicht dem Ausschluss und der Unbilligkeit unterliegen.
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Der hier entschiedene Fall ist der gleiche wie BGH, Az. XII ZR 137/09 (Unterhaltsverfahren), siehe oben Ziffer 1. Es handelte sich um das einzige Kind der Parteien. Wie eine Billigkeitsabwägung zu erfolgen hat, wenn nach der Geburt des „Kuckuckskindes“ noch wahrlich eheliche Kinder geboren worden wären, ist schwierig zu beurteilen. Möglicherweise hätte der Mann bei Kenntnis der Nichtvaterschaft die Ehe beendet und es wären keine weiteren Kinder geboren worden. Auf der anderen Seite würde es sich bei den nachfolgenden Kindern um leibliche handeln, sodass dies dann wohl wiederum Einzelfallentscheidung wäre.