BGH, Beschluss vom 21.3.2012 – Familienverfahrensgesetz, Folgesache

a) Das Familiengericht hat den Termin in einer Scheidungssache so zu bestimmen, dass es den beteiligten Ehegatten nach Zugang der Ladung möglich ist, unter Einhaltung der Zweiwochenfrist nach § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG eine Folgesache anhängig zu machen. Zur Vorbereitung eines Antrags muss den Ehegatten zusätzlich eine Woche zur Verfügung stehen.

b) Bei einer den genannten Vorgaben nicht entsprechenden Terminsbestimmung haben die Ehegatten einen Anspruch auf Terminsverlegung. In diesem Fall bedarf es einer Terminsverlegung nicht, wenn sie Folgesachen noch bis zur mündlichen Verhandlung anhängig machen. Die Folgesachen werden dann Bestandteil des Scheidungsverbunds.

c) Zur rechtzeitigen Geltendmachung einer Folgesache genügt es, wenn diese innerhalb der gesetzlichen Frist vor dem Verhandlungstermin anhängig gemacht wird, auf den die Scheidung ausgesprochen wird.

Urteil

Gericht         : BGH 
Datum           : 21.03.2012 
Aktenzeichen    : XII ZB 447/10 
Leitparagraph   : FamFG §137 
Quelle          : www.bundesgerichtshof.de 
Kommentiert von : RA Simon Heinzel 

Inhalt:

Der BGH befasst sich in der Entscheidung mit der Auslegung des § 137 FamFG. Nach § 137 Abs. 1 FamFG ist über Scheidung und sogenannte Folgesachen (nachehelicher Unterhalt, Zugewinn, Hausrat etc.) zusammen zu verhandeln und zu entscheiden, dem sogenannten Scheidungsverbund. Gemäß § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG sind die dort genannten Folgesachen spätestens 2 Wochen vor der mündlichen Verhandlung in 1. Instanz im Scheidungsverfahren anhängig zu machen. Bis zur Einführung des FamFG konnten solche Folgesachen bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung im Scheidungsverfahren anhängig gemacht werden, sodass sehr häufig aus prozesstaktischen Gründen erst im Scheidungstermin eine Folgesache anhängig gemacht wurde. Die hatte zur Folge, dass das Verbundverfahren nicht „entscheidungsreif“ war und somit auch eine Scheidung nicht ausgesprochen werden konnte. § 137 FamFG will so etwas verhindern. § 137 FamFG kollidiert jedoch mit der Ladungsfrist von lediglich einer Woche (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 217 ZPO), sodass es gar nicht so selten vorkommt, dass aufgrund der kurzen Ladungsfrist die 2-Wochen-Frist des § 137 FamFG nicht mehr eingehalten werden kann. Die Konsequenz einer zu spät anhängig gemachten Folgesache wäre die Unzulässigkeit, mit der Folge, dass die Folgesache getrennt vom Scheidungsverbund in einem gesonderten Verfahren weitergeführt wird und der Scheidungsausspruch selbst erfolgen könnte.

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Diese Diskrepanz zwischen Ladungsfrist und der Frist zur Anhängigmachung einer Folgesache wurde von der Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich gehandhabt, sodass der BGH nunmehr gehalten war, diese Frage endgültig zu klären. Es muss den Beteiligten möglich sein, die 2-Wochen-Frist des § 137 FamFG einzuhalten, zusätzlich muss ihnen eine weitere Woche zur Vorbereitung eines Folgesacheantrags zur Verfügung stehen, sodass mindesten 3 Wochen zwischen Ladung und Termin liegen müssen. Ist das nicht der Fall, besteht der Anspruch auf Terminsverlegung. Wird ein solcher Antrag auf Terminsverlegung nicht gestellt und gleichwohl ein Folgesacheantrag noch eingereicht, kann das Gericht diesen Folgesacheantrag nicht „zurückweisen“ sondern muss ihn in den Scheidungsverbund mit aufnehmen. Damit erfolgt faktisch ein Zwang zur Terminsaufhebung bzw. zur Fortsetzung des Verfahrens, da mit Sicherheit die Folgesache dann im zu kurz anberaumten Termin nicht entscheidungsreif sein wird.

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Auch Ziffer c) der Entscheidung ist von Bedeutung, da damit klargestellt ist, dass der entsprechende Folgesacheantrag nicht unbedingt vor dem allerersten Termin anhängig gemacht werden muss, sondern spätestens 2 Wochen vor einem Folgetermin noch ausreichend ist, wenn es z. B. zu einem anderen Termin kommt, weil der zuerst anberaumte Termin aus völlig anderen Gründen verlegt worden war. Auch besteht die Möglichkeit z. B. 2 Wochen vor dem ersten Termin die Folgesache „Unterhalt“ anhängig zu machen, da es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch nicht zur Entscheidung in der Unterhaltssache kommen wird und ein weiterer Gerichtstermin notwendig wird, um dann 2 Wochen vor dem nächsten Termin die nächste Folgesache (z. B. „Güterrecht“) anhängig zu machen, um auf diese Art und Weise die endgültige Scheidung hinauszuzögern. Dies macht insbesondere dann Sinn, wenn Getrenntlebendunterhalt geschuldet und bezahlt wird und womöglich nachehelicher Unterhalt nicht mehr geschuldet ist.