Liebeskummer ist kein Teenie-Problem

Aus. Vorbei. Die gemeinsame Geschichte ist erzählt. Trennungen tun beiden Parteien weh. Nicht nur dem Menschen, der getrennt wird, sondern auch der Person, die geht. Manchmal schmerzt es so sehr, dass daraus eine handfeste Lebenskrise wird, aus der Betroffene allein schlecht wieder herausfinden. Liebeskummer ist mitnichten nur ein „Teenie-Problem“. Gesellschaftlich akzeptiert ist er damit allerdings noch lange nicht. In einer Welt, die verstandes- und leistungsorientiert ist, scheinen Gefühle leider immer noch fehl am Platz zu sein. Wie schade.

Liebeskummer – altersunabhängig

Die Frontscheibe ist größer als der Rückspiegel. Ja, natürlich -  das Leben geht weiter. Auch ohne den Menschen, der bisher an unserer Seite gegangen ist. Und dennoch darf der Liebeskummer da sein. Mit 15 Jahren genauso wie mit 55 Jahren. Liebeskummer kennt kein Alter. Und dafür braucht es auch keine Entschuldigung oder Rechtfertigung.

Mit Liebeskummer umgehen

Symptomatisch äußert sich Liebeskummer auf vielfältige Weise. Appetitlosigkeit oder Frust-Essen, Weinanfälle, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen oder Übelkeit und Erbrechen. Alles ist möglich. Dazu kommt die emotionale Achterbahnfahrt. Trauer, Verzweiflung, Angst vor der Zukunft und Wut wechseln sich munter ab.

All diese Gefühle sind da und haben ihre Berechtigung, denn sie helfen uns dabei, den Liebeskummer zu verarbeiten. Aufkommende Gefühle zu verdrängen und beiseite zu schieben, bringt uns auf lange Sicht überhaupt nicht weiter. Das wäre wie einen aufblasbaren Wasserball unter die Wasseroberfläche drücken zu wollen. Kurze Zeit mag das gehen. Irgendwann jedoch schießt dieser Wasserball hoch. Und zwar kräftig. Genauso verhält es sich auch mit unseren Gefühlen.

Dauer von Liebeskummer

Aber wie lange dauert das denn noch? Ich leide immer noch. Was stimmt denn nicht mit mir? Diese Gedanken kennen Betroffene, wenn der Liebeskummer länger anhält. Es ist alles in Ordnung. Der Herzschmerz muss nicht nach drei Monaten Schnee von gestern sein, auch wenn sich diese Vorstellung noch in vielen Köpfen wacker hält. Liebeskummer lässt sich nicht per Knopfdruck einfach abschalten. Jeder hat sein eigenes Tempo.

Manchmal leiden Menschen auch über Monate oder Jahre hinweg. Loslassen ist ein Prozess. Das geht nicht von heute auf morgen, auch wenn es schön wäre. Ganz besonders dann, wenn wir gar nicht vorhatten, loszulassen. Denn die Vorstellung war eine andere. Miteinander, beieinander und nicht getrennt voneinander durchs Leben zu gehen. Loslassen heißt das zu verabschieden, was war. Das Schöne, das, was gut gelaufen ist und stimmig war. Aber auch das, was gemeinsam nicht gelungen ist, darf betrauert werden. Welche Zeitspanne dafür angemessen ist, ist individuell verschieden, denn jeder Mensch verarbeitet eine Trennung anders. Dieser Prozess lässt sich nicht in ein Schema pressen.

Phasen – Situationen von Liebeskummer

Leiden wir an Liebeskummer, dann durchlaufen wir zwar verschiedene Phasen, diese bauen jedoch selten so linear aufeinander auf, wie im Lehrbuch beschrieben. Das Phasenmodell des Liebeskummers gibt eine grobe Orientierung vor. Es ist und bleibt aber ein Modell, auch wenn es uns sicherlich leichter fallen würde, wenn wir wüssten, an welcher Stelle wir gerade mit unserem Liebeskummer stehen.

Verdrängung oder Lähmung, Gefühlschaos oder doch schon Akzeptanz der Situation? So einfach ist es leider nicht. Manchmal geht es einen Schritt vor und danach wieder zwei Schritte zurück. Alles völlig normal. Einige Partner drehen auch noch mal eine Extra-Runde, bevor sie endgültig einen Schlussstrich ziehen können. Andere sind gefangen in andauernden On-Off-Beziehungen. Und wiederum andere diskutieren neue Beziehungsmodelle, wie eine offene Beziehung für sich, um die aktuelle Partnerschaft doch noch irgendwie zu retten. Um Liebeskummer gut zu verarbeiten, hilft es, Klarheit zu schaffen und sich dann auch zu positionieren. Sich Hintertürchen offen zu halten, mag zwar auf eine gewisse Art und Weise verständlich und auch menschlich sein, schürt aber womöglich noch Hoffnungen bei der anderen Partei. Bleiben wir vage und unverbindlich, verlängert das in der Regel die Zeit des Leidens.

Reden – nicht verdrängen

Wenn der Liebeskummer groß ist, hilft eine Sache immer. Miteinander reden und sich anvertrauen mit all dem Schmerz, der Wut, der Trauer und auch der Angst vor dem Alleinsein. Nur wenn diese Gefühle Raum bekommen, findet auch eine echte Auseinandersetzung mit dem Thema statt. „Andere Mütter haben auch schöne Söhne“ oder „Kopf hoch, das wird schon wieder“ sind zwar gut gemeinte Ratschläge, aber letztlich nur Plattitüden. Diese helfen nicht weiter, sondern wollen den Liebeskummer wegwischen, ohne ihm den Stellenwert zukommen zu lassen, den er für Betroffene in diesem Moment nun einmal hat.

Der „richtige“ Ansprechpartner für die „richtige“ Lösung?

Wenn der Schmerz sehr groß ist, dann sind in manchen Fällen auch Freunde, Bekannte und Verwandte die falschen Ansprechpartner. Denn auch bei Liebeskummer ist es völlig legitim, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Leider hindert die eigene Scham einige Menschen daran, diesen Schritt auch wirklich zu gehen. Diese Scham ist unbegründet, denn Liebeskummer hat nun mal das Potenzial, uns den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Mit professioneller Unterstützung ist es jedoch möglich, genau hinzuschauen, was diesen Kummer mit der Liebe so heftig ausfallen lässt. Dafür gibt es in der Regel gute Gründe. Innerhalb dieses geschützten Raumes können sich Betroffene auf Spurensuche begeben. Außerdem kann es von Interesse sein, herauszufinden, mit welchem Menschen-Typ diejenigen in Resonanz gehen, die so stark leiden. Denn eine Sache ist klar. Partnerwahl funktioniert immer nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Das heißt, guckt man zurück in die Vergangenheit, dann findet sich in der Regel ein bestimmtes Muster in der Beziehungshistorie. In erster Linie ist also jeder Mensch zu- nächst einmal herzlich eingeladen, sich dieses Muster anzuschauen und zu verstehen. Denn ändern können wir immer nur das, was uns auch bewusst ist.

So heftig der Liebeskummer vielleicht auch gerade sein mag, so bietet er dennoch gleichzeitig auch große Chancen dafür, die individuellen Beziehungsmuster zu durchleuchten und somit zukünftige Beziehungen anders zu gestalten und zu leben.

ISUV-Podcast: Folge 8 | Liebeskummer

Warum sich der Kummer mit der Liebe wie ein Drogenentzug anfühlen kann, weshalb es nicht darum geht, Liebeskummer schnell, sondern gut zu verarbeiten und warum besonders die Menschen leiden, die ihr gesamtes Lebensglück aus der Beziehung gezogen haben - beantwortet Elena-Katharina Sohn, Autorin und Gründerin der Agentur "Die Liebeskümmerer" im ISUV-Podcast.